CONCAD - Aktuell

"Die Grenzen des Machbaren verschoben"

Pressebericht Rhein-Neckar Zeitung 04.10.2024 - Ministerpräsident Winfried Kretschmann informierte sich bei CONCAD über Spitzentechnologie im Bereich der Weltraumforschung

Wenn Winfried Kretschmann als im Ländle und darüber hinaus weit gereister Politiker „schwer beeindruckt“ ist und seinen „großen Respekt“ zollt, muss er etwas Besonderes gesehen ha­ben. Dass es sich sogar um etwas zurzeit Einmaliges handelt, wurde beim Besuch des grünen Ministerpräsidenten am ver­gangenen Freitag in Walldürn deutlich: Gemeinsam mit Minister Peter Hauk, Landrat Dr. Achim Brötel und Bürger­meister Meikel Dörr war Kretschmann der Einladung der Firma CONCAD gefolgt, um sich persönlich von der Innovations-kraft und dem Wachstumspotenzial des auf die Herstellung hochpräziser Bau­teile spezialisierten Mittelständlers zu überzeugen. Abseits der zurzeit gefühlt allgegenwärtigen Hiobsbotschaften aus der deutschen Wirtschaft vergewisserte sich Kretschmann, dass es sie noch gibt in Baden-Württemberg: die „Hidden Champions“, die in der Öffentlichkeit kaum bekannten Weltmarktführer, jene Firmen, die als Arbeitgeber der Zukunft aus ihrer Branche herausragen.

Wie deutlich CONCAD sich von seinen oft finanzkräftigeren Mitbewerbern im In- und Ausland abhebt, erläuterte Ge­schäftsführer Klaus Schwab dem Minis­terpräsidenten am Beispiel eines Proto­typen, den das Unternehmen für die Weltraumforschung entwickelt hat. Mit dem Aluminium-Parabolspiegel aus Walldürn können Teleskope Strahlun­gen aus dem All viel exakter bündeln, als es bisher möglich war. Was in dieser Di­mension visuell kaum noch begreifbar ist, veranschaulichte Klaus Schwab an einem Beispiel: „Wenn man ein menschliches Haar fünf Mal teilt – das ist die Präzi­sion, mit der wir hier arbeiten.“ Eine Ge­nauigkeit, die über die ohnehin schon an­spruchsvollen Anforderungen der Kun­den hinausgeht und in der Branche lange Zeit als nicht realisierbar galt.

Dem Team um Klaus Schwab ist es dennoch gelungen, die Grenzen des Machbaren noch einmal deutlich zu ver­schieben und sich dadurch eine Aus­gangsposition zu erarbeiten, die dem Unternehmen auf Jahre hinaus volle Auf­tragsbücher bescheren könnte. Denn die von CONCAD entwickelte Technologie soll beim Aufbau des „Next Generation Very Large Array“ (ngVLA) eingesetzt wer­den, dem größten Observatorium in der nördlichen Hemisphäre. Dabei handelt es sich um rund 250 Antennen mit einem Durchmesser von jeweils 18 Metern, die in den USA die bislang leistungsstärkste astronomische Anlage aus Radiotelesko­pen bilden sollen.

In die Freude der CONCAD-Verantwortlichen über die Spitzenposition in einer hochtechnologischen Nische mischt sich jedoch die Sorge, dass es nun wo­möglich nicht gelingen könnte, nach der Entwicklung des Prototypen auch die Se­rienproduktion nach Walldürn zu holen. Vor allem zwei Probleme müssen noch aus dem Weg geräumt werden, damit die rund 18000 Spiegelteile in der Wallfahrts­stadt hergestellt werden können: Zum einen muss die Produktionskapazität deutlich ausgeweitet werden. Genügend Flächen in unmittelbarer Nachbarschaft zum bisherigen Werksgelände im Ver­bandsindustriepark sind dafür längst re­serviert. Schwieriger dürfte es bei der Finanzierung einer solchen Investition werden. Ein gesamter Jahresumsatz in Höhe von zuletzt rund 18 Millionen Euro steht dafür derzeit als notwendiger Be­trag im Raum. Summen, die vor allem internationale Wettbewerber leichter stemmen können. „Wenn wir es nicht schaffen, macht es ein anderer“, warnt Klaus Schwab. „Das darf nicht passie­ren. Das können wir hier im Ländle.“

Die eigentliche Hürde sieht er jedoch woanders: Um die Teile in Walldürn pro­duzieren zu können und die Herstellung nicht in die USA verlagern zu müssen, wäre es aus der Perspektive von CONCAD hilfreich, wenn sich die Bundesrepublik Deutschland finanziell am Bau des ngVLA beteiligen und sich auf diese Wei­se ein gewisses Mitspracherecht sichern würde. Rund 250 Millionen Euro, ver­teilt auf zehn Jahre, müsste die öffentli­che Hand wohl beisteuern – zwischen zehn und zwölf Prozent der Gesamtkosten in Höhe von voraussichtlich 2,5 Milliarden Dollar. Geld, das in Deutschland bleiben würde und somit einen doppelten Nut­zen hätte: Neben der heimischen Wirt­schaft würde auch die hiesige Forschung profitieren. „Wir könnten nicht nur mit­ machen. Wir hätten die Möglichkeit, in Deutschland Einfluss auf das Projekt zu nehmen“, betont Professor Matthias Kadler von der Fakultät für Physik und Astronomie in Würzburg. Beispielsweise darauf, dass in Deutschland zusätzliche Teleskope aufgestellt werden, um die Leistungsfähigkeit des gesamten Obser­vatoriums zu erhöhen.

Um die politischen Entscheider vom Nutzen einer solchen Investition über­zeugen zu können, hat Klaus Schwab schon vor einem Jahr damit begonnen, auf verschiedenen Ebenen für das Projekt zu werben. Im November 2023 besichtigte Dr. Florian Toncar, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, die Werks­hallen von CONCAD. Einige Monate später folgte der Fraktionsvorsitzende der Grü­nen im Landtag von Baden-Württem­berg, Andreas Schwarz. Auf lokaler Ebe­ne intensivierte Bürgermeister Meikel Dörr den Austausch mit dem baden-württembergischen Wirtschaftsministe­rium. Weil dort die Angelegenheit zur „Chefsache“ erklärt wurde, schrieb Klaus Schwab einen Brief an den Ministerprä­sidenten und lud ihn zum Besuch ein.

Dass Kretschmann trotz vollem Ter­minkalender nun tatsächlich und auch noch recht kurzfristig nach Walldürn ge­kommen ist, wertet nicht nur Klaus Schwab als hoffnungsvolles Zeichen. Auch Lutz Stenvers, Geschäftsführer der Firma Mtex Antenna Technology in Wiesbaden, blickt vorsichtig optimis­tisch in die Zukunft. Mit seiner Firma ist er federführend an der Entwicklung der Teleskope für das ngVLA beteiligt. Auch seine Botschaft an den prominenten Be­sucher lautet: Um einen Verlust von Schlüsseltechnologie zu verhindern, braucht es die Unterstützung der Politik.

„Wir müssen alle an einem Strang zie­hen. Dann können wir viel bewirken“, sind Stenvers und Schwab überzeugt. Dass die Zeit allmählich drängt, daran lassen die beiden Ingenieure auch keinen Zweifel: „Wir müssen uns bis 2028 so platzieren, dass wir mitmachen können.“ Was eine konkrete Planung im kommen­den Jahr und den Aufbau entsprechen­der Kapazitäten ab 2026 beinhaltet.

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